Jerusalem – so viel Geschichte auf so wenig Raum
Am dritten Tag ging es nach Jerusalem und zwar in die Altstadt. Da standen natürlich Grabeskirche, Klagemauer und – Glück oder Gott sei Dank – auch der Felsendom auf der Liste der zu besuchenden Stätten.
Von Tel Aviv nach Jerusalem
Da ein Teil unserer Gruppe die Internationale Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besuchte, konnte ich in einem Kleinbus mit den anderen bis dorthin fahren und hatte so schon den größten Teil der Strecke zwischen Tel Aviv und Jerusalem bewältigt. Danach ging es ganz einfach mit der Straßenbahn weiter, vom Herzlberg direkt bis zur Haltestelle City Hall, von wo aus es nur noch ein Katzensprung bis zur Altstadt Jerusalems ist.
Stadtmauer und Eingangstore
Von der Cityhall geht‘s einfach geradeaus die Straße runter. Wendet Ihr Euch links, könnt Ihr die Altstadt über das bekannte Damaskustor betreten. Ich habe mich für den Weg weiter geradeaus entschieden, weil neben dem dann nächsten Eingang, dem Jaffa-Tor, direkt die Davidszitadelle steht, von der aus die ganze Altstadt super zu überblicken ist. Und eines ist sofort klar und beeindruckend: Alle Sehenswürdigkeiten (von denen Grabeskirche, Klagemauer und Tempelberg mit Felsendom wohl die bekanntesten sind) und Viertel (das christliche, das jüdische, das muslimische und das armenische) liegen unglaublich nah beieinander. Das lädt doch direkt zum Erkunden ein! Apropos erkunden: Denkt daran, dass Ihr in Jerusalem an vielen heiligen Stätten seid und Euch entsprechend kleidet und verhaltet. Zur Kleidung habe ich weiter unten ein paar Tipps aufgeschrieben. In welcher Reihenfolge Ihr die Orte besucht, ist natürlich Euch überlassen, nach einer vorangegangenen Onlinerecherche erschien für mich die folgende Tour sinnvoll, was aber auch an der Tageszeit lag, zu der ich da war. Aber dazu später mehr. Also los zu Stop 1, der Davidszitadelle.
Die Davidszitadelle
Direkt rechts vom Jaffa-Tor liegt die Davidszitadelle, eine alte Festung, die die Zeit überdauert hat. Am Eingang könnt Ihr einen Audioguide mitnehmen und dann geht’s los in den Innenhof, über Treppen herum um den Garten und natürlich hoch auf die Türme. Im Hof der Festung sind alte Ausgrabungen zu sehen, aber auch (Kunst)Ausstellungen gibt es hier. Wer sich durch die inneren Gänge schlängelt, findet weitere Informationen zur Historie und wer es ganz nach oben, auf einen der Türme schafft (eine durchaus machbare Aufgabe), wird mit wundervollen Aussichten belohnt: einmal in Richtung Altstadt, einmal in Richtung neue Stadtteile Jerusalems. Ein perfekter Ausblick, um schon die wohl bekanntesten Sehenswürdigkeiten, die Grabeskirche, die Klagemauer und den Tempelberg, zu lokalisieren. So nah stehen sie beieinander, auf so wenig Raum die größten Heiligtümer großer Welreligionen, von oben betrachtet so friedlich und doch so zerbrechlich und voller Angst behaftet, wie sich noch zeigen sollte.
Outtake: Die Davidszitadelle beleuchtet
Ich musste nach meiner Tour durch Jerusalem leider (eigentlich ist das falsch, leider ist kein richtiger Ausdruck für einen Aufenthalt in Tel Aviv, aber in diesem speziellen Fall doch passend ) zurück nach Tel Aviv. Wer noch zu späterer Stund‘ in Jerusalem weilt, kann sich die Davidszitadelle illuminiert, also bunt und phantasievoll beleuchtet und mit Musik untermalt, ansehen. Für mich hieß es dann: Auf zur Grabeskirche, in der Hand einen Flyer über die abendliche Lichtkunst.
Die Grabeskirche
Von der Davidszitadelle aus konnte man sie schon sehen, die Grabeskirche. Also war die Richtung klar und es ging durch die teilweise engen Gassen und einen Teil des Basars zur Grabeskirche. Und einen Blick zur Seite später ist sie auch schon da. Sandfarben und massiv, aber erst einmal ein Gebäude, das zwar groß, aber noch nicht unglaublich beeindruckend aussieht. Aber es kommt ja auch auf die inneren Werte an und da hat die Grabeskirche so einiges zu bieten.
Also nichts wie rein, denn hier kann man einfach reinspazieren. Eine Freiheit, die mir so normal vorkommt und erst im Verlaufe der weiteren Stationen deutlich wurde. Aber bleiben wir beim Eintreten und Staunen. Riesige Kuppeln, goldene Heligenbilder, hohe Gewölbe, kleine und große Altare auf verschiedenen Ebenen des Gebäudes, prunkvolle Leuchter, noch mehr Gemälde und natürlich die Grabesstelle Jesu sowie noch weitere Heiligtümer des Christenrums (z.B. der Golgotafelsen, der Salbungsstein). Hier macht nicht nur das Christenherz einen Sprung. Alle, die an Baukunst oder generell Geschichte interessiert sind, können hier mal einen Besuch wagen und im Erdgeschoss, im Keller, auf verschiedenen höheren Ebenen Schätze entdecken und Erinnerungen sammeln. Und vielleicht an der Stelle des Grabes Christu eine Kerze anzünden und ein Gebet sprechen, dafür muss man allerdings ein bisschen Wartezeit in Kauf nehmen. Aber mit dem Warten hier kann man schon einmal für das, zumindest bei meinem Besuch, wesentlich längere Warten an den anderen beiden Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt, der Klagemauer und vor allem dem Tempelberg, üben…
Weiter ging es also durch die Gassen zur Klagemauer. Um ein bisschen Flair der Altstadt von Jerusalem mitzubekommen, empfehle ich, mal nicht von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit zu hetzen, sondern sich ein bisschen durch die Gassen und Viertel treiben zu lassen, denn auch hier sind neben netten Pläuschchen auch Ausgrabungen wie die der Western Cardo, der antiken Hauptstraße, zu finden. Aber zurück zur Klagemauer, ich will mich ja hier nun nicht in Plaudereien verlieren.
Die Klagemauer
Während die Grabeskirche also offen steht und einfach so besucht werden kann, gibt es beim Zugang zur Klagemauer schon einen Eindruck über die Gespaltenheit der Stadt. Traurig, aber wahr. Denn zur Mauer kommt nur, wer sich einer Sicherheitskontrolle ähnlich der an einem Flughafen unterzogen hat, mit Metalldetektor und Durchleuchten der Sachen. Danach geht’s direkt zur Mauer, die etwa 60/70 m lang und 18 m hoch ist. Männer und Frauen gehen getrennt voneinander zur Mauer (Männer links, Frauen rechts) und die Herren und verheiratete Frauen sollten den Kopf bedeckt haben. Wenn Ihr keine Kopfbedeckung dabei habt, könnt Ihr Euch eine Papierkippa geben lassen oder Frauen bedecken ihren Kopf auch mit einem Tuch. Und es ist möglich, auch wenn man nicht jüdischen Glaubens ist, kleine Zettelchen mit einem Wunsch zu beschreiben und den zusammengefalteten/-gerollten Zettel in die Klagemauer zu stecken. Interessanterweise ist genau das die Handlung, nach der mich die meisten Freunde und Bekannte nach meiner Reise gefragt haben. Vor der Klagemauer stehen ist indes nur ein Aspekt dieses Orts. Schaut Ihr nach links, seht Ihr einen kleinen Weg. Hier gibt es eine Virtual Reality-Attraktion der The Western Wall Heritage Foundation, mit der ein Rundgang durch den Zweiten Tempel, der vor ca. 2000 Jahren zerstört worden ist, erlebt werden kann. Außerdem befindet sich dort der Zugang zu den Western Wall Tunnels, durch die der heute nicht mehr sichtbare Teil der Klagemauer zu sehen, ja zu begehen ist. Für diese Unternehmungen hatte ich leider keine Zeit mehr, denn ich wollte ja nich zum Felsendom und da gilt es, ein enges Zeitfenster zu erwischen.
Der Tempelberg mit al-Aqsa-Moschee und Felsendom
Ein enges Zeitfenster, um die al-Aqsa-Moschee und den Felsendom etwas näher zu Gesicht zu bekommen? Leider ja. Für Nicht-Muslime ist es leider nur an wenigen Stunden des Tages möglich, den Tempelberg zu begehen und die beiden Bauwerke zu betrachten. Genau, zu betrachten, denn Reingehen ist nur Muslimen gestattet (sonst braucht man eine Ausnahmegenehmigung). Ich hatte mich zwar online über die Besuchszeiten erkundigt, netterweise waren sie aber wohl verschoben worden, es hieß also „Tempo Tempo“, um rechtzeitig am richtigen Eingang zu sein. Denn auch das ist wichtig: Nicht-Muslime können nur über eine Holzbrücke neben der Klagemauer auf den Berg, natürlich auch wieder nur nach einer Sicherheitskontrolle. Pünktlich, nein, eigentlich überpünktlich solltet Ihr auf jeden Fall am Einlass sein, danach staut es sich die überdachte Holzbrücke hoch (bei Temperaturen von über 30 Grad wird es ziemlich stickig da drin, aber netterweise haben die Erbauer des Übergangs an eine kleine Berieselungsanlage gedacht), bevor die Tore geöffnet werden und… nein, es immer noch nicht los geht. Denn für diejenigen, die nicht die richtige Kleidung an haben, heißt es erst einmal: „Du kommst hier nicht rein“. Aber man ist vorbereitet, es gibt lange Hosen und langärmelige Shirts mit Kapuze, die Touri am Hals schließen kann. Und solche Kleidung musste ich mir auch überziehen, denn Hut, Tuch, Shirt mit halbem Arm und Short, der bis an die Knie ging, reichten nicht, man sah noch zu viel Haut. Aber gut, alle Sachen schienen sauber und ordentlich, also nichts wie reingeschlüpft und dann, ja dann geht es wirklich los und man kann sich frei zwischen Moschee und Dom bewegen.
Der Felsendom ist keine Moschee
Ja, das klingt jetzt etwas klugscheißerisch, aber basierend auf den Rückmeldungen und Fragen vieler Bekannter schreibe ich es mal lieber: Das Gebäude, das schon von Weitem mit seiner im Sonnenlicht glänzenden goldenen Kuppel zu sehen ist, ist nicht die bekannte Moschee in Jerusalem. Diese ist von Weitem kaum zu sehen, hebt sich kaum von den anderen sandfarbenen Gebäuden rings herum ab. Was sich so prächtig gern Himmel streckt, ist der Felsendom, eines der Hauptheiligtümer des Islams. In seinem Inneren ist der Felsen, von dem aus der Prophet Mohammed seine Reise gen Himmel angetreten haben soll. Im christlichen und jüdischen Glauben spielt der Felsendom ebenfalls eine wichtige Rolle, soll doch Abraham an dieser Stelle von Gott den Befehl bekommen haben, seinen Sohn Isaak zu opfern. Wer es mit Religion nicht so hat, sollte sich dieses Gebäude dennoch nicht entgehen lassen, denn es ist ein architektonisches Meisterwerk, das bereits im 7. Jahrhundert erbaut worden ist und nach mehreren Restaurationen und Umbauten immer noch unglaublich prächtig aussieht. Also nehmt Euch hier ruhig ein bisschen Zeit und lasst Euch beeindrucken 😉
Bonus: Insta Jerusalem
Ihr fragt Euch außerdem noch, ob Jerusalem einen typischen Fotospot für Instagram und Co. hat? Ja klar, ähnlich wie Tel Aviv in Israel und andere angesagte Städte auf der ganzen Welt gibt es auch in Jerusalem einen (mindestens einen) Aufsteller mit einem oh so cool gekürzten Stadtnamen. Im Laufe des Artikels sind wir sogar schon daran vorbeigegangen, ich habe ihn nur nicht erwähnt. Also zurück zum Anfang: Gehen wir also nochmal von der Haltestelle City Hall die Straße runter Richtung Jaffa-Tor uuuuund stop! Ungefähr auf Höhe der alten Stadtmauer ist es schon: I ❤️ JLM. Viel Spaß beim Knipsen.
Und der Gesamteindruck?
Puh, was ein Tag, so viele Eindrücke in so kurzer Zeit. Was überwiegt also? Für mich wirklich ein Gefühl der Ergriffenheit und Dankbarkeit, diese Orte gesehen haben zu dürfen. Unglaublich alte Bauwerke mit so viel Geschichte, mit so vielen religiösen Bedeutungen auf so wenig Raum. Besonders der Felsendom, wie er in der Sonne stand, wie die goldene Kuppel glänzte, wie die Mosaike fein gebaut sind, ist wohl das Bild des Tages in meinem Gedächtnis. Gleichwohl stimmte es mich traurig, wie umkämpft diese Stadt ist, wie es eben nicht möglich ist, an jeden Ort „einfach zu gehen“. Das heißt nicht, dass ich mich unsicher gefühlt habe, im Gegenteil. Nur das Gefühl, dass Menschen diese wundervollen Städten und die Menschen, die sie besuchen, Schaden wollen, hat eine gewisse Traurigkeit und Nachdenklichkeit, vielleicht auch etwas Wut und Enttäuschung hinterlassen, die mich auch beim Schreiben dieser Zeilen wieder packen. Nichts desto trotz oder gerade deshalb würde ich jedem, der nach Israel reisen möchte, auch einen Aufenthalt in Jerusalem empfehlen. Es lohnt sich wirklich!